Der Grundriss des Castel del Monte


Das Castel del Monte wurde unter Kaiser Friedrich II von 1240 bis1250 erbaut. Bei dem oktogonalen Bau mit den acht oktogonalen Türmen spielt die mystische Bedeutung der Zahl 8 eine Rolle.

Schon von weitem ist der achteckige Bau, die "steinerne Krone" Apuliens, auf einem Hügel sichtbar und zählt seit 1996 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

 

  Fotos: M. Holzapfel

Eine erste systematische Erfassung des Grundrisses vom Castel del Monte fertigte 1934 Gino Chierici an. Wie sich später herausstellte, zeigen sich aber auch offenkundige Fehler in diesen Plänen.

Über die Konstruktion des Grundrisses gibt es nur Vermutungen, da die Baupläne nicht erhalten sind.

1. Vermutung:

Das innerste regelmäßige Achteck ist die Ausgangsfigur eines achteckigen Sterns, wobei sich die Turmmittelpunkte der acht Ecktürme in den Sternspitzen befinden. Es lässt sich zeigen, dass sich dann jeweils zwei Sternspitzen zu den achteckigen Türmen berühren.

Ein Quadrat , das alle acht Türme berührt, hat dann die doppelte Seitenlänge zu dem inneren schraffierten Quadrat, das als Schnittfigur der beiden eingezeichneten Rechtecke entsteht. Das bedeutet, dass das äußere Quadrat den vierfachen Flächeninhalt im Vergleich zum inneren Quadrat besitzt.

Bild 1

2. Vermutung:

Bei der Konstruktion des Grundrisses wurde der goldene Schnitt verwendet.

Sehr umfassend wurde von1990 bis 1996 das Castel del Monte von Wulf Schirmer und Mitarbeitern vermessen und erforscht. Die Ergebnisse wurden in Buchform veröffentlicht (s. Quellen).

Aus den vielen Messwerten, die Wulf Schirmer und seine Mitarbeiter erfasst haben, habe ich unter Mittelwertbildung einen symmetrischen Grundriss mit Hilfe des Programms Dynageo konstruiert, der in der Form mit dem im Buch dargestellten Grundriss recht gut übereinstimmt. Das Innere der acht Ecktürme besteht zum größten Teil aus Mauerwerk. Nur zentral in der Mitte befindet sich entweder eine Wendeltreppe oder ein im Grundriss achteckiger kleiner Raum. Diese Details wurden in der Konstruktion nicht dargestellt.

Die Konstruktion beruht auf folgenden Mittelwerten:

Der tatsächliche Mittelpunkt T eines der acht Türme liegt um etwa 0,54 m weiter außerhalb als die Sternspitze R bei der 1. Vermutung. In Folge dessen überschneiden sich nun die Sternspitzen der äußeren Achtecke.

Bild 2

  

Damit ergibt sich folgender, durch Mittelwertbildung idealisierte Grundriss, der insgesamt 8 Symmetrieachsen besitzt.

Bild 3

  

Im folgenden Bild sind die 8 Symmetrieachsen der Konstruktion mit dargestellt.

Bild 4

  

Ein direkter Vergleich von Bild 3 mit Bild 1  zeigt, dass die Grundfläche der Ecktürme tatsächlich größer ist als vielfach vermutet.

Bild 5

Das äußere Quadrat ist tatsächlich im Vergleich zum inneren weniger als viermal so groß. (2,6% Abweichung)

Bild 6

Der goldene Schnitt lässt sich im neuen Grundriss besser wiederfinden, als im Grundriss zur 1. Vermutung. Die Frage bleibt jedoch, ob nicht eher der Quotient zweier Fibonacci-Zahlen, der den goldenen Schnitt nähert, bei der Konstruktion Verwendung fand, z.B. 8/13.

Der Mathematiker Leonardo Fibonacci spielte nämlich im Leben Friedrichs II eine Rolle, obwohl er nie an seinem Hofe tätig war. Fibonacci löste einige schwierige mathematische Probleme, die ihm der Kaiser stellte.  
 

                                               Goldener Schnitt?

Bild 7

Die Abweichung von der goldenen Schnittzahl (minor : Major = 0,618) beträgt etwa 1%, die Abweichung vom Quotienten 8/13 etwa 0,4%.

Trotz des jetzt existierenden, sehr genauen Grundrisses des Castel del Monte bleiben weiterhin Fragen offen.

Blick aus dem Innenhof zum Himmel:

  

Die mystischen Bedeutungen der Zahl 8:

  • Die Zahl 8 steht für das doppelte der 4 Himmelsrichtungen und ist ein Symbol für das Unendliche und die Ewigkeit. Im Christentum steht die 8 auch als Symbol für die Auferstehung Christi und für die Glückseligkeit.

  • Die Zahl 8 lässt sich durch 2 fortgesetzt ohne Rest teilen bis das Ergebnis 1 entsteht. Da bei der Division durch 2 stets zwei gleich große Hälften entstehen, wird die Zahl 8 auch als Symbol der Gerechtigkeit gesehen,.

  • Die Pythagoräer sahen in der Zahl 8 = 2³ die Zahl der Fülle, weil sie nach 1 die erste Kubikzahl ist.

  • Im Islam gibt es 8 Himmel im Gegensatz zu den 7 Höllen, der Buddhismus kennt einen achtfachen Pfad, der zu dem erstrebtem Endzustand, dem Nirvana, führt. Die Chinesen verehren die göttergleichen acht Unsterblichen und das Glücksrad hat acht Speichen.

Quellen:

Wulf Schirmer, Castel del Monte, erschienen 2000 im Verlag Philipp von Zabern.

http://www.castel-del-monte.de/reisebericht.htm   

http://www.castellodelmonte.it/


Zurück
Zurück zur Startseite