Goldener Schnitt in der GeschichteDie Bezeichnung „goldener
Schnitt“ ist erst in der Neuzeit entstanden. Der Philosoph und Mathematiker Pythagoras (ca.
570 – 510 v.Chr.) führte den Begriff der
Proportion ein, insbesondere das
arithmetische, geometrische und harmonische Mittel. Das Erkennungszeichen
der Pythagoreer, der Anhänger von Pythagoras, war das Pentagramm. Im Pentagramm befindet sich als Teilungsverhältnis
der goldene Schnitt. Ob dies den Pythagoreern bekannt war, weiß man
nicht. Das irrationale Teilungsverhältnis des goldenen Schnitts stand jedoch
im Widerspruch zur Lehre der Pythagoreer, dass alles Harmonische in einem
ganzzahligem Verhältnis steht, wie die Intervalle in der Musik. Der Grieche Eudoxos von Knidos hat
wahrscheinlich bereits ca. 370 v. Chr. die Proportion des goldenen Schnitts
gekannt. Eudoxos begründete die allgemeine Proportionenlehre. Dabei konnte
er erstmals die irrationalen Größen und damit den goldenen Schnitt
einbeziehen. In den 13 Büchern, Elemente genannt, hat der
griechischen Mathematikers Euklid (um 300 v. Chr.) das Wissen seiner
Zeit in der Arithmetik und Geometrie zusammengefasst, systematisiert und
ergänzt. Die Elemente sind sowohl das älteste wie auch bedeutendste
mathematische Werk. Generationen von Schülern haben danach Geometrie gelernt
und lernen auch heute darauf aufbauend Euklidische Geometrie. Die älteste erhaltene griechische Handschrift
der Elemente von Euklid stammt aus Byzanz aus dem Jahr 888.
Früher gab es bereits Übersetzungen ins Arabische.
Die erste mittelalterliche Übersetzung der
Elemente aus dem Arabischen ins Lateinische verdanken wir um 1120 dem
Engländer
Adelard von Bath.
Die erste gedruckte lateinische Ausgabe der
Elemente erschien 1482 in Venedig kurz nach Erfindung der
Buchdruckkunst. Im 2. Buch §11 der Elemente1)
steht folgende Aufgabe, die bereits den goldenen Schnitt beinhaltet: Eine gegebene Strecke so zu
teilen, dass das Rechteck aus der ganzen Strecke und dem einen
Abschnitt dem Quadrat über dem anderen
Abschnitt gleich ist. Im 6. Buch der Elemente befindet sich dann
folgende Definition 3: Eine Strecke heißt
stetig geteilt, wenn sich, wie die ganze Strecke zum größeren Abschnitt,
so der größere Abschnitt zum kleineren verhält. Im 6. Buch §30 wird dann die Konstruktion der
stetigen Teilung aufgeführt: Eine gegebene begrenzte
gerade Linie stetig zu teilen. Im 2. Buch §11 wurde bereits eine gegebene Strecke
stetig geteilt, aber noch nicht der Begriff der stetigen Teilung
verwendet. Im 13. Buch stehen eine Reihe von Sätzen, in denen
die stetige Teilung vorkommt. Am bekanntesten ist im 13. Buch §8 folgender Satz: Diagonalen, die im
gleichseitigen und gleichwinkligen Fünfeck zwei aufeinanderfolgenden Winkeln
gegenüberliegen, teilen einander stetig; und ihre größeren
Abschnitte sind der Fünfeckseite gleich. Die Elemente bilden das älteste mathematische
Werk, in dem der goldene Schnitt
– aber nicht unter dieser Bezeichnung – behandelt wird. 1)
Zitate nach der Ausgabe: EUKLID: Die Elemente.
Buch I - XIII. Nach Heibergs Text aus dem Griechischen übersetzt und
herausgegeben von Clemens Thaer.
Darmstadt 1980. Fibonacci
(kurz für Filius Bonacci, ca. 1170 – 1240) oder Leonardo von Pisa reiste mit
seinem Vater nach Griechenland und in arabische Länder, wo er die arabischen
Ziffern und Rechenmethoden kennenlernte. In seinem Buch Liber abaci (Buch
vom Abakus, 1202) verwendet er Dezimalzahlen und Brüche und beschreibt
indische und arabische Rechenmethoden der Arithmetik und Algebra. Nach ihm
benannt ist die Fibonacci-Folge (1, 1, 2, 3, 5, 8, ...), die sehr eng mit
dem goldenen Schnitt verwandt ist. Diese Folge war bereits den Indern um 450
v. Chr. bekannt. Der italienischer Mathematiker und Franziskaner
Luca Pacioli (ca. 1447 – 1517) veröffentlichte sein mathematisches Werk
De divina proportione
1498 in Mailand, gedruckt wurde es 1509 in Venedig. Im ersten Teil des
Buches wird der goldene Schnitt
behandelt, den er als göttliche
Proportion bezeichnet. Einige Lehrsätze beziehen sich auf die Elemente
des Euklid. Das Buch ist Fürst
Ludovico Sforza, Herzog von Mailand, gewidmet. In Kap. VI wird von der
göttlichen Proportion gesagt: Diese unsere Proportion,
erhabener Herzog, ist solchen Vorzugs und Auszeichnung
wert, wie man es in Anbetracht ihrer unendlichen Macht nur irgend sagen
kann, sofern als ohne ihre Kenntnis sehr viele der Bewunderung höchst
würdige Dinge weder in der Philosophie noch in irgend einer anderen
Wissenschaft jemals ans Licht gelangen könnten, . . . Paciolis
Mathematikschüler und Freund Leonardo Da Vinci, illustrierte sein Buch
De divina proportione
mit sehr schönen Bildern. Johannes Kepler
(1571-1630) kommt in seinem Werk
Harmonices Mundi auf den
goldenen Schnitt zu sprechen. Kepler nennt ihn göttliche Proportion.
Er formuliert ebenfalls die Approximation
des Goldenen Schnittes durch die Verhältnisse aufeinanderfolgender
Fibonacci-Zahlen. Von ihm stammt die Aussage: Die Geometrie birgt zwei
große Schätze: der eine ist der Satz von Pythagoras,
der andere die Proportio Divina. Den ersten
können wir mit einem Scheffel Gold vergleichen, den zweiten können wir ein
kostbares Juwel nennen. Eine der ersten gesicherten Verwendungen der
Bezeichnung
Goldener Schnitt wurde 1835 von Martin Ohm (1792–1872;
Bruder von Georg Simon Ohm) in einem Lehrbuch der Mathematik verwendet. Auch
die Bezeichnung Sectio
aurea entstand erst in dieser Zeit. Adolf Zeising
(1810-1876), Doktor der Philosophie und Professor in Leipzig dann in
München, spricht vom
Goldenen Schnitt. Schreibweise nach Duden:
Goldener
oder goldener Schnitt. Zurück Zurück zur Startseite |